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Gemeinsame Pressemitteilung
Berlin, 21.9.00
Zwangspsychiatrisierung
eines hungerstreikenden Flüchtlings
in der Abschiebehaft

Aus Protest gegen die Abschiebehaft hat der Tschetschene David Alekseenko im August einen Hungerstreik begonnen. Anstatt ihn aufgrund seiner körperlichen Leiden in die Innere Abteilung eines Krankenhauses zu überstellen, befindet er sich jetzt zum zweiten Mal in der geschlossenen Abteilung der Psychiatrie des Klinikums Frankfurt (Oder).

David Alekseenko, geboren in Grozny, der lange Zeit ohne gültige Papiere in Moskau gelebt hatte, floh im Oktober 1999 vor der Einberufung zum Militärdienst in die BRD. Der 22-Jährige wurde 6 Monate in Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick inhaftiert, obwohl die Behörden wußten, daß sie ihn nicht abschieben können, weil die russische Botschaft nicht in der Lage war, gültige Papiere zu besorgen. Zwei Monate nach seiner Entlassung wurde er an einer Bushaltestelle zwischen Wannsee und Potsdam erneut festgenommen. Da dieser Ort im Bundesland Brandenburg liegt, kam David Alekseenko in das Abschiebegefängnis Eisenhüttenstadt.

In Anbetracht seiner ausweglosen Situation begann David Alekseenko am 21. August 2000 einen Hungerstreik, aus Protest gegen die erneute Haft, dessen Ende nicht abzusehen ist. Hungerstreik als letzten gefährlichen Versuch, das eigene Schicksal in einer völlig rechtlosen Situation zu beeinflussen.

Am 9. September, dem 17. Hungerstreik-Tag bricht Herr Alekseenko unter schweren Kreislaufproblemen besinnungslos zusammen. Es erfolgt die erste Einlieferung ins Klinikum in Frankfurt Oder, Station KP 1 - geschlossene Abteilung der Psychiatrie. Nach Infusionstherapie wird er nach 4 Tagen mit der Begründung, daß er seelisch völlig gesund sei, zurück in die Haft nach Eisenhüttenstadt entlassen.

Montag, den 18. September, am 29. Hungerstreik-Tag geht es Herrn Alekseenko erneut körperlich sehr schlecht. Er hat in den letzten Tagen - auch aufgrund eines mehrtägigen Durststreikes - ca. 6 kg Körpergewicht verloren, er hat Konzentrationsschwierigkeiten, tiefliegende Augen und ist stark abgemagert. Gegen 17 Uhr erfolgt die zweite Einlieferung ins Klinikum in Frankfurt Oder, Station KP 1 - geschlossene Abteilung der Psychiatrie. Diesmal verweigert er die Infusionen und setzt seinen Hungerstreik fort, bis er, wie er sagt, frei kommt.

Nach Aussagen des behandelnden Arztes ist Herr Alekseenko kein psychiatrischer Patient, sondern lediglich in der geschlossenen Psychiatrie untergebracht, um Fluchtversuche zu verhindern.

Die Tatsache, daß ein Mensch, der durch einen Hungerstreik körperlich schwer angeschlagen ist, nicht in die Innere Abteilung eines Krankenhauses, sondern in die geschlossene Abteilung der Psychiatrie eingeliefert wird, zeigt die Absicht der Behörden, einen Menschen, der Widerstand gegen die gegen ihn verhängten staatlichen Maßnahmen leistet, zu entmündigen.
 

Und dies ist kein Einzelfall. Uns sind weitere Geschehnisse bekannt, wo Abschiebegefangene aufgrund ihres Hungerstreikes in die Psychiatrie gebracht worden sind. Damals allerdings in das Krankenhaus von Eisenhüttenstadt.

17-jähriger Abschiebegefangener seit zwei Tagen im Durststreik

Ein weiterer Gefangener im Abschiebegefängnis protestiert derzeit gegen seine schon fünf Monate dauernde Abschiebehaft in Eisenhüttenstadt. Es ist der 17 Jahre alte Siergiej A., der am 14. September seinen Hungerstreik begann und jetzt seit zwei Tagen auch im Durststreik ist.

Siergiej hat bereits ein Jahr lang (!) im Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick gesessen. Als diese lange Haft begann war er 14 (!!!) Jahre alt. Er wurde dann entlassen, weil eine Abschiebung für die deutschen Behörden nicht möglich war.

Durch die Entlassung von David Alekseenko und Siergiej A. aus der Abschiebehaft in Berlin-Köpenick haben die Behörden "zugestanden ", daß Abschiebungen nicht möglich sind. Ungeachtet dessen sitzen die beiden Männer - diesmal durch Brandenburger Behörden veranlaßt - erneut in Abschiebehaft. Auf dieses ignorante und menschenverachtende Verhalten der deutsche Behörden machen die Gefangenen unter Einsatz ihrer Gesundheit jetzt aufmerksam.
 

Für Rückfragen wenden Sie sich bitte ANTIRASSISTISCHE INITIATIVE E.V.

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